Besetzung & Info

Toteis

von Manuela Kerer (Komposition) & Martin Plattner (Libretto),

Die Abgründe des Heldentums

Uraufführungsprojekt der Neuen Oper Wien in Koproduktion mit der Haydn Stiftung Bozen & Vereinigte Bühnen Bozen

Vorstellungen in Wien: 15., 17. & 19. September 2020
Ort: Theater Akzent, Theresianumgasse 18, 1040 Wien
Beginn: jeweils 19:30 Uhr
Dauer: 100 min ohne Pause
Einführungsgespräche vor den Vorstellungen mit Intendant Walter Kobéra und Matthias Losek, künstlerischer Leiter Stiftung Haydn Bozen um 19 Uhr

Manuela Kerer (Komposition) und Martin Plattner (Libretto) stellen das Leben der Südtirolerin Viktoria Savs ins Zentrum ihrer Oper „Toteis“.

Im Libretto versuche ich die Biografie der Viktoria Savs nicht zu werten, sondern Fragen aufzuwerfen, Bruchlinien aufzuzeigen und das größte „Gespenst“ von allen – die Abgründe eines „Ichs“ – auszuloten. Menschen können sich zwar rasant in Ideen verlieren, finden aber nur sehr schwer (oder gar nicht) aus ihnen heraus.“ – Martin Plattner über sein Libretto.

Der Begriff Toteis steht für Gletschereis, das sich vom aktiven Gletscher losgelöst hat und steht in Manuela Kerers Oper als Sinnbild für Viktoria Savs 1917 an der Front verlorenes Bein. Die Eiseskälte des Gletschers, die sich auch in Savs Persönlichkeit widerspiegelt, hat Manuela Kerer in ihre ganz eigene Klangsprache übersetzt.

Komposition Manuela Kerer / Libretto Martin Plattner

Künstlerische Leitung Walter Kobéra / Inszenierung & Bühne Mirella Weingarten / Kostüme Julia Müer / Klangregie Christina Bauer / Lichtdesign Norbert Chmel

Mit: 
Isabel Seebacher – Viktoria
Verena Gunz – Karola / Vikerl
Alexander Kaimbacher – Luis / Peter
Bernhard Landauer – Hansl
Klemens Sander – Eugen

Wiener Kammerchor
Einstudierung: Bernhard Jaretz

amadeus ensemble-wien

Kritiken

So sieht lebendiges Theater aus!

Das Warten hat sich gelohnt: Die Uraufführung „Toteis“ von Manuela Kerer und Martin Plattner ist ein aufregender Beitrag zum Avantgarde-Musiktheater. (…) So sieht lebendiges Theater aus! Nur nichts Oberlehrerhaftes, das garantieren die Autoren. Das Libretto von Martin Plattner zeigt wie Südtiroler Holzschnitte alle Facetten von Schroffheit, die Musik von Manuela Kerer spannt einen weiten Horizont zwischen Klangflächen und rauschenden, blitzartigen Floskeln. Wenn sie nicht gerade schmeichelt oder tödliche Kälte suggeriert, ächzt und stöhnt diese Musik. Im freitonalen Raum tobt sich in unbändiger Farblichkeit eine irisierende Instrumentationskunst aus, die sich an der Sprache orientiert; Textverständlichkeit hat Vorrang. Mit dem Amadeus-Ensemble Wien setzt Firmenchef Walter Kobéra die Akzente der klanglichen Illustrationen und führt ein brillantes Ensemble (Alexander Kaimbacher, Klemens Sander, Verena Gunz, Bernhard Landauer) über alle Klippen. – Walter Gürtelschmied, Die Presse

Starke Produktion der Neuen Oper Wien

Klirrende Klangflächen, verfremdete Volksmusik, ein paar elegische Kantilenen bestimmen die von Walter Kobéra und dem amadeus ensemble-wien perfekt interpretierte Partitur. Das Ensemble rund um Isabel Seebacher in der Titelpartie überzeugt ebenso wie der Wiener Kammerchor, der als Soldateska vorwiegend männliche Gewalt(fantasien) ausspielt und singt. Mirella Weingarten inszeniert pointiert, mit guter Personenführung und klaren Bildideen, alles spielt auf einer mehrfach unterteilten, welligen Bühne. (…) Im Ganzen aber wieder eine starke Produktion der Neuen Oper Wien, die immer ein Garant für Neues und Un-Erhörtes ist. – Jörn Florian Fuchs, Deutschlandfunk 

Beeindruckendes Bühnenbild, stimmige Inszenierung

Isabel Seebacher besticht stimmlich als Viktoria. (…) Walter Kobéra nimmt sich gemeinsam mit dem Amadeus Ensemble Wien Kerers irritierender Partitur gewissenhaft, mit Elan an. Regisseurin und Bühnenbildnerin Mirella Weingarten entwarf ein beeindruckendes Bühnenbild – eine in Wellen nach oben ansteigende Bühne. Stimmig ist ihre Inszenierung. – Florian Krenstetter, Kronen Zeitung

Kräftiger Schlussapplaus

Isabel Seebacher bekommt als Viktoria so manche Chance, sich stimmlich zu bewähren, auch die übrigen Solisten sind durchaus gefordert und meistern ihre nicht eben leichten Parts anstandslos. Für den Chor hat sich Regisseurin Mirella Weingarten, die auch die stimmige, in Wellen nach oben ansteigende Bühne entworfen hat, die als blutige Gletscherstufen interpretiert werden kann, etwas Besonderes einfallen lassen: Jedes Chormitglied trägt rechts und links eine lebensgroße Stoffpuppe mit sich, sodass der Chor glatt verdreifacht wirkt. Eine nicht nur für Coronazeiten schlaue Lösung.

Beim kräftigen Schlussapplaus nach 85 Minuten weiß man zwar noch immer nicht schlüssig, ob Savs Bein tatsächlich durch Feindbeschuss verletzt, bei einem Felssturz zertrümmert oder gar von ihr selbst zerschossen wurde, man weiß aber, dass die Abgründe des vermeintlichen Heldentums ein hervorragendes Opernsujet abgeben – Wolfgang Huber-Lang, APA