Besetzung & Info
Orest
von Manfred Trojahn
Musiktheater in sechs Szenen nach einem Libretto des Komponisten (2009-11)
Österreichische Erstaufführung
Premiere: 28. Oktober 2014
Weitere Vorstellungen: 30. Oktober, 1., 3 und 4. November 2014
Beginn jeweils um 20:00 Uhr
Halle E im MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien
Einführungsgespräch jeweils um 19:15 Uhr mit Walter Kobéra
Orest – Muttermörder, der Gehetzte auf der Flucht vor sich selbst – begegnet uns als ein Obdachloser, außerhalb der Gesellschaft stehend, dazu verdammt, seine eigene Geschichte wieder und immer wieder zu durchleben. Aus den Fußtritten der Passanten erwachsen ihm die flüsternden Stimmen der Erinnyen, jedem ihm flüchtig zugeworfenen Blick weicht er aus. Fieberhaft führt er, Richter und Angeklagter gleichermaßen, vor unseren Augen einen verbissenen Prozess gegen sich selbst, an dessen Ende – vielleicht – die Erlösung steht.
Orest: Klemens Sander
Menelaos: Dan Chamandy
Apollon/Dyonisos: Gernot Heinrich
Hermione: Avelyn Francis
Helena: Jennifer Davison
Elektra: Jolene McCleland
Komposition und Libretto Manfred Trojahn / Musikalische Leitung Walter Kobéra / Inszenierung Philipp M. Krenn / Ausstattung Nikolaus Webern / Lichtdesign Norbert Chmel / Chorleitung Michael Grohotolsky
amadeus ensemble-wien
Wiener Kammerchor
Kritiken
Längst unverzichtbare Operntruppe
Seit fast einem Vierteljahrhundert stellt diese längst unverzichtbare Operntruppe neue oder wichtige ältere Beispiele der vielseitigen Gattung zur Diskussion – in einer Qualität, die jüngst wieder international Furore gemacht hat: Die im Frühjahr an der Kammeroper herausgekommene Produktion von Birtwistles „Punch and Judy“ errang im Oktober beim Armel Opera Festival in Budapest den Publikumspreis des Senders Arte und die Jury-Auszeichnung für die beste Produktion. Am Dirigentenpult stand dabei wie immer NOW-Intendant Walter Kobéra, der vor 16 Jahren schon Trojahns Erstling, „Enrico“, in Wien interpretiert hat. (…) Mit dem konzentrierten Amadeus Ensemble Wien verschreibt Kobéra sich nun gewohnt leidenschaftlich der düsteren Partitur, die sujetgemäß oft wild-eruptive, aber auch subtile Töne anschlägt, die sich zu tonalen Inseln verdichten können. In manchen Klangfarben oder sprachlichen Wendungen scheut der Komponist und Librettist in Personalunion vor Allusionen an Straussens „Elektra“ u.a. nicht zurück, obwohl er hier ja Euripides‘ Fortsetzung adaptiert: Der von inneren, teils im Surroundsound zugespielten Stimmen gepeinigte Orest lässt sich von der rachsüchtigen Schwester anstacheln, auch Helena zu töten. Die fordernden Singstimmen wechseln in 80 kompakten Minuten zwischen exaltierten Ausbrüchen und rezitativischer Klarheit. – Die Presse, Walter Weidringer
Entsetzlich gutes Musiktheater
Manfred Trojahn deutet den Orest-Stoff entsetzlich gut, eine prächtige Partitur. (…) Nein, lustig war in den achtzig durchgehend entsetzlichen Minuten nichts. Dafür, oder gerade deshalb, erreichte die Besucher der Neuen Oper Wien im Museumsquartier entsetzlich gutes Musiktheater. (…) Schlicht gegenwärtig-zeitlos, schlüssig und in Personenregie solide die Inszenierung von Philipp Krenn, Ausstattung Nikolaus Webern.
Hier stand Orest seiner Tat reflektierend gegenüber – Titeldarsteller Klemens Sander verkörperte einen mit sich kämpfenden Antihelden, sein facettenreicher Bariton deckte das gesamte Spektrum bestens ab. Jolene McClelands Elektra trieb den Bruder mit ihrem unbedingten Wunsch nach Vergeltung voran. Immense Kontrollsituationen wurden offenbar. Da konnte kein Onkel Menelaos dagegen an (super jämmerlich: Dan Chamandy), ebenso wenig die todgeweihte Tante Helena (wärmendes Timbre: Jennifer Davidson). Und Gott Apoll (Gernot Heinrich) entschuldigte nichts, sondern machte sich einen Spaß aus dem Leid des Täters. Erst das zarte Soprangemüt Hermiones (Avelyn Francis) holte Orest mit einfachem Blick auf den Boden der Selbstbestimmung zurück.
Wunderbar kantable Momente, Kantilenen in den Bläser wurden von beinharten Dissonanzen (zeitweilig den klassischen Dialog Protagonist-Chor widerspiegelnd) abgelöst. Über allem die herrlich ausgefeilte Instrumentierung. Gewaltig groß, episch breit waren das Orchester der Neuen Oper Wien und der Wiener Kammerchor unter der profunden Leitung von Walter Kobéra zu erleben. Hingehen! – Wiener Zeitung, Daniel Wagner
Differenziert und packend musiziert
Trojahns Musik (…) wird vom „amadeus ensemble-wien“ unter Walter Kobéra sehr differenziert und packend musiziert. (…) Dem Ensemble selbst wird darstellerisch und stimmlich bis in höchste Höhen und extreme Intervalle alles abverlangt: Klemens Sander ist ein intensiver Orest. Jolene McCleland eine ausdrucksstarke, teils überfordernd wirkende Elektra. Jennifer Davison eine erotisch feine Helena, Avelyn Francis eine Hermione, die selbst die höchsten Töne trifft. Gernot Heinrich singt die Doppelfigur Apollon/Dionysos als geschminkter Clown mit leichtem Tenor und wenn er Letzterer ist, mit einer Handpuppe. – Kurier, Helmuth Christian Mayer
Bejubelte Erstaufführung
Vor drei Jahren war in Amsterdam die fünfte Oper des deutschen Komponisten Manfred Trojahn uraufgeführt worden, ein Jahr später konnte die Zeitschrift „Opernwelt“ über „Orest“ als Uraufführung des Jahres berichten. Die österreichische Erstaufführung durch die Neue Oper Wien im Wiener Museumsquartier wurde nun ebenfalls bejubelt.
Trojahn schrieb eine trotz der Dramatik des Stoffes um Schuld, Sühne und Recht auch schöne Klänge nicht vermeidende Partitur, vom amadeus ensemble in gewohnter Qualität umgesetzt. Und er hat so gekonnt instrumentiert, dass der von ihm selbst verfasste Text fast durchgängig verständlich blieb.
Freilich war das auch ein Verdienst der unter dem Dirigat von Walter Kobéra famosen Sängerdarsteller. – Kleine Zeitung, Ernst Scherzer